Blick in mein altes Leben. Februar und März 2002 reiste ich das erste Mal nach Afrika – der Grund war eine Studienreise nach Ghana.
Im Oktober des gleichen Jahres erfüllte sich ein Kindheitswunsch, ich reiste nach Ostafrika, nach Tansania. 2002/ 2003 war ich für 4 Monate in Tansania. Die ersten 9 Wochen verbrachte ich in Matema, einem kleinen Dorf an der Nordspitze des Malawisees, 50 km von der nächsten Asphaltstraße entfernt. Als erstes Praktikum für mein Studium habe ich mir die Arbeit mit Kindern in einem Kindergarten gewählt.
2002/ 2003 war ich für 4 Monate in Tansania. Die ersten 9 Wochen verbrachte ich in Matema, einem kleinen Dorf an der Nordspitze des Malawisees, 50 km von der nächsten Asphaltstraße entfernt. Als erstes Praktikum für mein Studium habe ich mir die Arbeit mit Kindern in einem Kindergarten gewählt.
Jeden Morgen machte ich mich auf den Weg ins Nachbardorf und spielte und lernte bis Mittag mit den Kindern. Die größeren Kindern lernten schon die Buchstaben und etwas Swahili und Englisch. Kiswahili ist die offizielle Verkehrssprache in Tansania, sie wird von der Mehrheit der Bevölkerung gesprochen. In Matema allerdings sprechen die Menschen Kinyakyusa, diese Sprache gehört wie das Kiswahili zu den Bantusprachen und wird vor allem von den Menschen in der südlichen Region Tansanias gesprochen. Gegen Mittag kochten die Frauen des Kindergartens für die Kinder Uji, einen Art Porridge aus Maismehl, Milch oder Wasser und Rohrzucker.
Die Zeit in Matema habe ich sehr genossen, die Naturkulisse war atemberaubend. Die Livingstone-Berge in Tansania sind eine Gebirgskette am Ufer des Malawisees, sie bieten wundervolle Landschaften, Wanderwege und eine reiche Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten. Der Malawisee ist riesig, einer der großen Seen in Afrika, am Strand stehend wirkte er wie ein Meer. Jeden Nachmittag, nach der Arbeit im Kindergarten schwamm ich eine Runde im See, ich wohnte nur 50 m vom Strand entfernt – es war ein Traum.
In Tansania genoss ich die große Vielfalt an reifen Früchten. In den ersten Wochen in Matema zählte ich 9 verschiedene Bananensorten. Jeden Morgen brachte mir ein circa 12-Jähriger Junge eine reife Papaya und 1 Limette. Ich kann mich nicht an eine Abmachung erinnern, er stand einfach eines Morges mit den Früchten da, ich gab ihm einige Shilling und dann war mein Frühstück für Wochen gesichert. 2002 habe ich mich schon 4 Jahre vegan ernährt, mit großem Rohkostanteil.
Nachdem ich eine leichte Malaria hatte, empfahl mir die deutsche Ärztin im Krankenhaus vor Ort, wenigstens tierisches Protein in Form von Eiern zu mir zu nehmen. Nach 2 bis 3 Eiern, sagte mein Körper eindeutig NEIN und ich wandte mich den pflanzlichen Formen zu: rote Bohnen, rohe Erdnüsse, Avocados und einem Gemüse namens Mboga – eine Art Spinat, allerdings schmeckte er viel würziger. Diesen aß ich gekocht in großen Mengen. Ich glaube, da beginn meine Vorliebe für grünes Essen.
Ein ganz besonderes Erlebnis -„Out-Reach“. Mehrmals durfte ich mit einer einheimischen Krankenschwester und einer deutschen Praktikantin des Krankenhauses (mit der ich im Haus „Berlin“ wohnte) in einem Kastenwagen durch den Busch zu entlegenen Dörfern fahren, um Neugeborene und Kleinkinder zu untersuchen .. wiegen, messen … und impfen … Ich habe mich um die Schluckimpfung (Polio) gekümmert und zusätzlich um Vitamin A-Gaben. (Heute habe ich eine kritische Meinung generell zum Impfen …). Es war so eine faszinierende Erfahrung. Erst rumpelten wir ewig lang über Buschwege, alles Grün um uns herum und auf einmal öffnete sich das Grün und wir standen mitten in einem Dorf und überall wimmelte es von Frauen in bunten Tüchern (Kangas – traditionelle Tücher aus leichter Baumwolle mit bunten Mustern und Sprüchen) und ihren Kindern. Sie kamen aus dem Umfeld des Dorfes, wohnten teilweise abgelegen. Es dauerte mehrer Stunden bis alle Kinder untersucht waren. In dieser Zeit bauten einige Frauen des Dorfes ihre kleinen Stände auf und verkauften an die Mütter selbstgemachte traditionelle Speisen.
Mit Baba Sarah, einem Pfarrer und seiner Familie habe ich viel Zeit verbracht. Mama Sarah hat immer gern für uns gekocht. Kochbananen und eine Sauce aus Zwiebel, Knoblauch und Tomaten und Öl, sehr viel Öl … Baba Sarah wollte einmal wissen, warum ich keine tierischen Produkte esse. Es war gar nicht so einfach meine ethischen Beweggründe in Kiwahili zu erklären. Zudem kennen sie so etwas wie Massentierhaltung nicht. In Matema liefen die Schweine und Hühner frei herum. Generell ernährten sich die Menschen damals dort sehr regional: Uji (Maisporridge), Kochbananen, Maniok, Tomaten, Zwiebeln, Knoblauch, Erdnüsse, Mboga, Süßkartoffel, rote Bohnen, Mangos, andere Früchte, Fische aus dem See, Eier, Schweine- und Hühnerfleisch. Meine Strategie um zu erklären, warum ich keine tierischen Produkte esse: Bauchschmerzen. Das wurde verstanden, das konnte ich besser ausdrücken und ich bekam dafür oft ein “pole sana” .. das tut mir leid.
Nach diesen 9 Wochen reiste ich wieder zurück an die Küste, nahm eine Fähre zur Insel Pemba, dem tansanische Festland vorgelagert, traf dort eine Studienfreundin und ihren Mann (aus Tansania stammend) und verbrachte mit ihnen bei der Familie seiner Schwester eine sehr entspannte Zeit um die Jahreswende, ohne Knallerei, Pemba ist größtenteils muslimisch und feiert Silvester nicht. Sehr entspannend.
Die letzten 5 Wochen meines Tansania-Aufenthaltes verbrachte ich auf Sansibar um mein 2. Praktikum für mein Studium zu absolvieren – ein Hospitation- und Unterrichtspraktikum für Deutsch als Fremdsprache in einem Sprachinstitut. Die Gruppen waren klein, die Studenten sehr lieb und bemüht und unsere Mentorin (aus Deutschland stammend) einfach umwerfend amüsant und sympathisch. Wenn ich mich so zurück erinnere, fällt mir wieder ein, dass mir das Ankommen auf Sansibar sehr schwer fiel. Es war viel touristischer, hektischer, lauter und als europäische Frau war es herausfordernd allein oder selbst zu zweit unterwegs zu sein. Die sogenannten Beach Boys waren immer auf Ausschau nach neuer „Beute“. Ich trauerte ein bisschen meiner Matema Zeit nach, wo ich mich unbeschwert zwischen den Dörfern und unter den Einheimischen bewegen konnte. Manchmal war ich die einzige Europäerin auf einem Wochenmarkt zwei Dörfer weiter, ich fühlte mich nie fremd oder gesondert behandelt. Es gab nie ein unangenehmes Anstarren, sondern höfliches Interesse und große Begeisterung, wenn ich Mangos und andere Früchte in Massen kaufte.
Mit dieser Reise hat sich ein großer Traum erfüllt. Schon als Kind regte sich in mir der Wunsch, eines Tages nach Tansania zu reisen. Der Grund? Ich las in meinem Geschichtsbuch der Klasse 5 von Funden in der Olduvaischlucht in Tansania. Dort wurden frühesten bekannten Vorfahren des Menschen gefunden – (angeblich). Das zog mich magisch an. Heute habe ich zur Evolution des Menschen einen ganz anderen Blickwinkel und gehe mit der Evolutionstheorie des Menschen überhaupt nicht mehr in Resonanz. Ein Glaube an eine Therorie bescherte mir wundervolle Momente, Begegnungen und Einsichten in Tansania und hat tiefen Eindruck hinterlassen.
Für mich war die Zeit dort ein sehr großes Geschenk, ich trage meinen Aufenthalt dort immer noch sehr tief in meinem Herzen. In Tansania wurde mir, am Malawisee sitzend, die Livingstone Berge im Rücken wirklich bewusst, wo ich hingehöre, wo meine Wurzeln sind.